Freiberufler, Leasingkräfte und selbständige Pflegekräfte – ein ständiges Haftungsrisiko

Der Fachkräftemangel in der Pflege zwingt viele Pflegeeinrichtungen dazu, auf vermeintlich selbständige Pflegekräfte zurückzugreifen, welche sich nicht fest anstellen lassen wollen – trotz der geforderten und teils völlig überzogenen Stundenlöhne, die sich mit den ausgehandelten Pflegevergütungen der Pflege- und Krankenkassen nicht mehr erwirtschaften lassen. Diese Kräfte werden auch gerne als Freiberufler oder Leasingkräfte bezeichnet, dürfen aber keinesfalls mit Leiharbeitnehmern bzw. Zeitarbeitern verwechselt werden, welche bei einer Verleihfirma fest angestellt  sind.

 

Was viele Pflegeeinrichtungen dabei gar nicht wissen oder schlichtweg aus der Not heraus ignorieren ist die Gefahr der Beschäftigung dieser vermeintlich selbständigen Pflegekräfte als scheinselbständige Arbeitnehmer der Pflegeeinrichtung, in der sie tätig werden. Denn auch wenn die Vermittlungsfirma mit Werkverträgen arbeitet oder die freiberuflichen Kräfte selbst ihre Selbständigkeit versichern und dies auch so mit der beauftragenden Pflegeeinrichtung vertraglich festgehalten wird, droht stets die Gefahr einer Betriebsprüfung durch die Deutsche Rentenversicherung. Die eingesetzten Prüfer achten dabei seit einiger Zeit verstärkt auch auf diese Prüfsachverhalte. Wird dann rückwirkend eine faktische Beschäftigung in der Pflegeeinrichtung festgestellt, kommt es häufig gegenüber der Pflegeeinrichtung zu existenzbedrohenden Nachforderungen für die in den letzten 4 Jahren angelaufenen Sozialabgaben für diese Pflegekräfte – und zwar für sowohl für den Arbeitgeber wie auch Arbeitnehmeranteil!

 

Die Rechtsprechung ist dabei leider selten auf der Seite der Pflegeeinrichtungen. Bereits in mehreren Entscheidungen wurde festgestellt, dass ein Einsatz von selbständigen Pflegekräften in stationären Pflegeeinrichtungen praktisch ausgeschlossen ist. Denn durch die erforderliche Eingliederung in die regulären Betriebsabläufe der Pflege ergebe sich zwangsläufig eine abhängige Beschäftigung. Die Freiberufler trügen kein besonderes eigenes wirtschaftliches Risiko, hätten keine eigenen Angestellten und richteten sich nach den Dienstplanerfordernissen der Pflegeeinrichtung. Auch in ambulanten Pflegeeinrichtungen ist höchste Vorsicht bei Beauftragung sog. selbständiger Pflegekräfte angebracht. In der Regel wird dort genauso ein faktisches Anstellungsverhältnis zum Pflegedienstbetreiber angenommen. Ausnahmen gibt es teilweise in der Intensivpflege.

 

Pflegeeinrichtungen, welche vermeintliche Freiberufler, Leasingkräfte bzw. selbständige Pflegekräfte beauftragen wollen, sollten sich vorher über die möglichen Konsequenzen informieren und mögliche Alternativen abwägen. Die Beratung durch einen erfahrenen Rechtsanwalt kann helfen, den sozialversicherungsrechtlichen Status der Pflegekraft vorher abzuklären und so Nachforderungen der Deutschen Rentenversicherung und weitere Konsequenzen zu vermeiden. Ebenso können Wege aufgezeigt werden, anderweitig regulär angestellte Fachkräfte zu vernünftigen Konditionen zu rekrutieren bzw. auszubilden und damit den Personalstamm des Unternehmens auch in Zeiten des Fachkräftemangels zu sichern.