Pflege nach Krankenhausaufenthalt - Pflegebedürftigkeit führt zur rückwirkenden Ablehnung und anderen Problemen


Bei den 2017 neu eingeführten zwei Leistungen der Unterstützungspflege gemäß § 37 Abs. 1a SGB V und Kurzzeitpflege gemä§ 39c SGB V kommt es nach einem Krankenhausaufenthalt mit anschließender kurzfristiger Pflegebedürtfigkeit in der Praxis häufig zu erheblichen Problemen und bösen Überraschungen für Patienten.

 

Problem Nr. 1: Pflegebedürftigkeit führt zur rückwirkenden Leistungsablehnung

Oftmals wird für den Patienten gleichzeitig mit der Krankenhausentlassung dort vom Sozialdienst oder im Anschluss von der Pflegeeinrichtung schon ein Antrag auf Pflegeleistungen gestellt. Dies ist ein folgenreicher Fehler: Denn die beiden neuen Leistungen nach § 37 Abs. 1a sowie § 39c SGB V setzen gerade explizit voraus, dass keine Pflegebedürftigkeit vorliegt, auch wenn kurzfristig ein Bedarf für Grundpflege und Hauswirtschaft gegeben ist, etwa, weil sich der Versicherte nicht alleine Waschen und den Haushalt führen kann (z.B. wenn er sich beide Arme gebrochen hat). Spätestens wenn der MDK jedoch feststellt, dass auch eine dauerhafte Pflegebedürftigkeit im Sinne des SGB XI (= voraussichtlich mindestens 6 Monate) bereits bei Krankenhausentlassung gegeben war, lehnen die Krankenkassen eine Kostenübernahme trotz vormals erklärter Kostenübernahme vermehrt auch rückwirkend ab und verweisen für die Kurzzeitpflege auf die Leistungen des SGB XI. Dort gibt es aber - anders als im SGB V - nur begrenzte Leistungen mit Eigenanteil. Die Frage der Rechtmäßigkeit solcher nachträglichen Rücknahmen von Kostenübernahmebescheiden ist rechtlich bislang scheinbar noch nicht geklärt, insbesondere wenn der ursprüngliche Bescheid nur unter Vorbehalt ergangen ist. Es erscheint aber unter Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes rechtlich bedenklich, ob eine Kostenübernahme trotz noch nicht geklärter Pflegebedürftigkeit mit einem Vorbehalt versehen werden darf.

 

Aus Sicht des Versicherten bzw. des Leistungserbringers ist jedenfalls dringend davon abzuraten, in dieser Situation bereits einen Antrag auf Pflegebegutachtung nach dem SGB XI zu stellen. Dieser sollte möglichst erst nach Abschluss der SGB V-Leistung erfolgen. Dann erfolgt eine Feststellung der Pflegebedürftigkeit in der Regel  mit Anfang des Antragsmonats und nicht rückwirkend zur Krankenhausentlassung.

 

Problem Nr. 2: Die Vergütung bzw. der Pflegegrad während der Kurzzeitpflege ist zu gering.

Sofern ein Antrag auf Pflegeleistungen gestellt wird, findet eine Pflegebegutachtung statt. Um eine möglichst schnelle Zuordnung zu einem Pflegegrad - und damit zu einem Pflegesatz in der Kurzzeitpflege - zu ermöglichen, geben die Begutachtungsrichtlinien des GKV-Spitzenverbandes vorläufig einen pauschalen Pflegegrad 2 vor, der dann durch eine persönliche Begutachtung noch verifiziert werden soll. Dabei besteht allerdings das Problem, dass gerade der Pflegeaufwand bei Aufnahme aus dem Krankenhaus in die Kurzzeitpflegeeinrichtung sehr hoch (nicht selten Pflegegrad 4 oder 5) ist. Die Vergütung orientiert sich jedoch automatisch am Pflegegrad 2 - viel zu niedrig. Wenn der Versicherte dann später tatsächlich begutachtet wird, ist der Pflegegrad durch die zwischenzeitlich erfolgreiche Pflege häufig signifikant niedriger und die Pflegeeinrichtung erhält somit häufig insgesamt nur den Pflegesatz für Pflegegrad 2.

 

Um dieses unerwünschte Ergebnis zu vermeiden, sollten Kurzzeitpflegeeinrichtungen generell für Aufnahmen ohne bisher festgestellte Pflegestufe einen Pflegesatz in der Höhe des Pflegegrades 3-4 mit der Krankenkasse vereinbaren.

 

Problem Nr. 3: Unterstützungspflege bei gleichzeitiger Behandlungspflege fraglich

Der Gesetzgeber zählt in der neuen Leistung des § 37 Abs. 1a SGB V für die Unterstützungspflege nur die sog. Grundpflege und Hauswirtschaftsleistungen auf, jedoch nicht die sog. medizinische Behandlungspflege, wie sie etwa nach § 37 Abs. 1 SGB V gewährt wird. Somit ist fraglich, ob dann diese Vorschrift stattdessen zum Tragen kommen kann. Aber hier wird der Krankenkasse oft einwenden, dass es nicht um Krankenhausvermeidung geht, sondern um eine Pflege nach einem Krankenhausaufenthalt. Damit besteht hier eine evidente Gesetzeslücke. Man behilft sich mit einer gesonderten, parallelen Verordnung für die Behandlungspflege nach § 37 Abs. 2 SGB V.

 

Problem Nr. 4: Unterkunfts- und Verpflegungskosten müssen bei Kurzzeitpflege selbst gezahlt werden.

Viele Krankenhäuser entlassen die Patienten mit dem Hinweis auf eine auch ohne Pflegebedürftigkeit anschließend mögliche Versorgung in der Kurzzeitpflege nach § 39c SGB V. Was sie allerdings dabei oft verschweigen, ist die Tatsache, dass die Versicherten dabei - anders als im Krankenhaus, wo nur 10 Euro täglich als Zuzahlung fällig werden - in der Kurzzeitpflege ein mehrfaches für Unterkunfts- und Verpflegungskosten täglich aus eigener Tasche zuzahlen müssen. Dies wurde auch vom Gesetzgeber so scheinbar hingenommen, was diese Versorgungsform für Versicherte nicht attraktiver macht.

 

Insgesamt sollte der Gesetzgeber die Evaluation bis Ende 2018 dazu nutzen, die gesetzlichen Grundlagen für die Kurzzeitpflege und auch die Unterstützungspflege im Sinne der Versicherten entsprechend zu überarbeiten.