Bundessozialgericht fordert weite Auslegung beim Wohngruppenzuschlag nach § 38a SGB XI

Das Bundessozialgericht (BSG) hat am 10. September 2020 in drei wichtigen Verfahren (Az.: B 3 P 2/19 R, B 3 P 3/19 R und B 3 P 1/20 R) über die Gewährung des sog. Wohngruppenzuschlages nach § 38a SGB XI geurteilt und dabei eine weite Auslegung der gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen angemahnt ( hier die Pressemitteilung des BSG:

 

https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/2020_19.html).

 

Konkret ging es in den drei Revisionsverfahren vor dem BSG um die Frage des gemeinschaftlichen Wohnens, um die gemeinschaftliche Beauftragung der im § 38a Abs. 1 Nr. 3 SGB XI vorgesehenen Person, um die Abgrenzung zum vollstationären Pflegeheim sowie um die baulichen Voraussetzungen an eine Wohngruppe. Dies nämlich waren die Gründe, warum die zwei beklagten gesetzlichen Pflegekassen sowie eine private Pflegepflichtversicherung die Gewährung des monatlichen Zuschlags in Höhe von aktuell 214 EURO ablehnten.

Das Bundessozialgericht hat in allen drei Verfahren die vorhergehenden Urteile der Landessozialgerichte aufgehoben, auch wenn er die Verfahren zur weiteren Sachverhaltsaufklärung wieder an die Landessozialgerichte zurückverweisen musste. In der Begründung betonte das BSG jedoch, dass die gemeinschaftliche Beauftragung der beauftragten Person im Sinne des § 38a Abs. 1 Nr. 3 SGB XI keinen strengen Vorgaben unterliege und sogar auch nachträglich erfolgen könne. Es könne sich auch um eine juristische Person, also etwa einen Pflegedienst handeln, der dann eine oder auch mehrere Personen mit den Präsenzaufgaben in der Wohngruppe beauftragt.

Für die leistungsrechtliche Abgrenzung zum vollstationären Pflegeheim sei es in einer ambulanten Wohngruppe lediglich erforderlich, dass die dortigen Bewohner die Möglichkeit haben, Gemeinschaftseinrichtungen, also Räume mit zu benutzen und sie die Übernahme von einzelnen Aufgaben wie der Hauswirtschaft  außerhalb der reinen Pflege auch selbstbestimmt organisieren könnten.

Hinsichtlich der baulichen Abgrenzung sah es das BSG als sogar unschädlich an, wenn die Zimmer in einer Wohngruppe als Einzelapartments mit vollausgestatteter Küchenzeile und eigenen Bad, Klingel und Briefkasten baulich gestaltet sind, solange die gemeinschaftliche Beauftragung der Person nach § 38 Abs. 1 Nr. 3 SGB XI Bewohner vorliege und die Nutzung von Gemeinschaftsflächen zum Wohnen möglich sei.

 

Sofern die Pflegekassen weiterhin Anträge auf den Wohngruppenzuschlag ablehnen, sollte zukünftig besonders genau geprüft werden, ob die Ablehnung berechtigt ist und ggf. Widerspruch und Klage dagegen erhoben werden, da die Erfolgsaussichten mit den obigen Entscheidungen des BSG erheblich gestiegen sind. Auch für die Vergangenheit besteht die Möglichkeit in einem Nachprüfungsverfahren Ansprüche noch geltend zu machen.